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Takako Saito

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Künstler müssen in aller Regel ihre Kunst verkaufen, um leben zu können. Als Selbstvermarkter treten sie jedoch seltener auf. Dafür gibt es Händler. Diese ü Trennung markiert heute oft den ersten Schritt auf der professionellen Leiter: einen Galerist zu haben, der einen in geschäftlichen praktischen Dingen vertritt, ermöglicht mehr Konzentration auf die eigene Kunstproduktion. Gleichzeitig bildet der Händler einen Puffer gegenüber der oft nachfrage- und nicht produktionsorientierten Außenwelt. Kaum ein Wunder ist es also, wenn der Händler nicht nur der beste Freund des Künstlers ist, sondern auch der Repräsentant einer fremden Denkart. Bei aller Wichtigkeit des Kunsthandels: er hat für Künstler mitunter etwas Geruch: ob Katharina Fritsch ihren Händler mit einem Teufelsfuß ausstattet oder William Hogarth in seinem Kupferstich "The Battle of the pictures" die Auktionshäuser als "Pufs" bezeichnet: neben durchaus netten Darstellungen des Geschäftspartners Galerist existiert immer auch ein Generalverdacht. Das mag nun nicht unbedingt daran liegen, dass das Verhältnis zwischen Künstler und Händler grundsätzlich immer schlecht ist, sondern hat seine Ursache wohl eher in den generell hochgesteckten Erwartungen an jedweden Nahverkehr.

Innerhalb dieses Spektrums markiert der "You and me Shop" der Fluxus-Pionierin Takako Saito eine deutlich handfestere Haltung. Auch hier geht es in grundsätzlicher Form um die aktiv von künstlerischer Seite durchgestaltete kommunikative Seite eines Handels. In einem wie ein Marktstand gestalteten Kaufladen bieten sich eine ansprechend arrangierte Anzahl einfacher kleiner Gegenstände natürlicher Herkunft wie getrocknete Zwiebelschalen, Kastanien, Holzstücke. Nach sehr moderten Preisen gestaffelt, bietet Saito verschieden große weiße Pappteller als Grundlage der Aktion an. Gemeinsam arrangiert man die im Laden ausgesuchten Materialien auf den Papptellern, und fixiert diesen Zustand mit Klebstoff. Schließlich signieren beide das Produkt als bleibendes Resultat, das der Kunde mitnehmen kann. Die Verkäuferin (in der Regel ist das Takako Saito selbst) und die Kundin oder der Kunde treten dadurch in eine vielschichtige Beziehung. Angebot, Preisangabe, Kundeninteresse, Äußerung der Kaufabsicht, Kauf inklusive Bezahlung und Übergabe der Ware vollziehen sich in einigermaßen gewohnten Formaten. Geht der Kunde auf das Angebot ein, ergibt sich eine Besonderheit gegenüber dem klassischen Produktkauf, die mit Selektion, aber auch mit Gestaltung zu tun hat: der Kunde selbst soll aussuchen und gemeinsam mit der Künstlerin auch selbst gestalten. Er produziert die Aktion und deren Produkt. Die partizipative Setzung der Materialien entwickelt im Ergebnis alle Züge des über seine Form bestimmten Kunstwerks: so und nur so entsteht es, so und nur so ist es fixiert. Takako Saitos "You and me Shop" erzeugt damit eine materialisierte künstlerische Dienstleistung, die in der Freisetzung der eigenen kreativen Sprache des Kunden besteht. Als Geschäftsmodell dargestellt, verbindet sie genossenschaftliches Produzieren mit dem klassischen Marktgeschehen, das aber im sehr preiswerten Verkauf eines Produkts und gleichzeitig einer Dienstleistung seine Besonderheiten hat.

Aus 'Kunst Management' - Schöne Arbeit. Zur ökomomischen Situation von Bildender Kunst. Hg. von Holger Neumaier und Joachim Penzel. Halle (Schriftenreihe Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle) 2006, Seiten 73-96.